Tre Cime: Zum Wahrzeichen der Dolomiten

Dolomiten_Tre Cime_Dreizinnenhuette

Es gibt sie, diese Berge, die man einfach mal erlebt haben muss. Man sieht immer wieder Bilder, kennt sie scheinbar schon aus allen erdenklichen Perspektiven. Und doch muss man sie mit eigenen Augen sehen. Die drei Zinnen stehen bei mir seit jeher auf dieser Liste. Neben dem Ausflug an den See der Bären war dies das zweite „Must“ auf dem sommerlichen Roadtrip durchs Südtirol und die Dolomiten.


Die Reiseroute: Zürich – Flüela – Ofenpass – Val Müstair – Passo dello Stelvio – Meran – Kalterer See – Lago di Tovel – Bozen – Seismer Alm – Tre Cime di Lavaredo – Riva di Garda – Zürich
Die Wanderroute: Auronzohütte – Capella degli Alpini – Rifugio di Lavaredo – Dreizinnenhütte – Lange Alm – Auronzohütte

 

 

Rund um die drei Zinnen

Ich bin gespannt auf die drei Riesen, stelle mich aber darauf ein, dass dies in der Hochsaison kaum eine einsame Wanderung wird. Umso mehr, als wir am Vorabend beim Kochen auf dem rappelvollen Campingplatz recherchieren, wie wir zum Startpunkt der Rundwanderung gelangen. Wer bereit ist für die Mautstrasse zu bezahlen, kann direkt neben dem Wahrzeichen der Dolomiten parkieren. Definitiv bequem. Aber eben nicht nur für uns, sondern für jedermann.

Auch hier setzen wir also auf die Karte des frühen Aufstehens. Wir fahren Punkt sieben Uhr, sobald die Schranke vom Camping offen ist, los. Diesmal sind wir jedoch nicht die Ersten. Der Parkplatz bei der Auronzohütte ist schon recht voll. Manche haben sogar hier oben übernachtet. Kurz fragen wir uns, wieso wir dies nicht gemacht haben. Wir merken, dass sich hier Hektik kaum lohnt. Wir schalten einen Gang runter, kochen Kaffe, essen was unser Kühlschrank an Morgenproviant hergibt und beobachten das muntere Treiben um uns herum. Alles macht sich bereit: Sonntagsspazierer, Trailrunner, Wanderer und Bergsteiger.

Direkt neben uns steht ein Auto mit chinesischem Kennzeichen. Nicht nur uns fällt das weitgereiste Gefährt auf. Der Parkanweiser lichtet sich mit dem Lenker des Exoten ab. So was habe er auf seinem Parkplatz noch nie gesehen. Die Konversation in auf beiden Seiten gebrochenem Englisch will nicht so recht in die Gänge kommen. Kurzerhand werden E-Mail-Adressen ausgetauscht, um sich die Bilder später zuzusenden. Diese Szene ruft Erinnerungen hervor, in denen ich selber in fremden Ländern plötzlich zum Fotosujet und zur Attraktion wurde. Irgendwie immer ein etwas komisches Gefühl, als „Sehenswürdigkeit“ auf den Fotos fremder Menschen zu landen.

Zurück beim Wanderplan von heute: Kaum biegen wir auf den Wanderweg zur Umrundung der Drei Zinnen ein, wimmelt es von Menschen, genauer gesagt Läufern. Ja Läufer. Schnell wird uns klar: Ausgerechnet an diesem Sonntagmorgen findet hier ein Berglauf statt.

Die ersten paar Minuten ärgere ich mich, habe das Gefühl mich nicht frei bewegen zu können, ohne den Menschen um mich herum im Weg zu stehen. Der Wanderweg ist aber zum Glück breit und der Blick bald gefangen an den Zinnen. Ich studiere die unterschiedlichen Perspektiven der Felstürme, versuche die DREI Zinnen in dem eindrücklichen Massiv festzumachen, suche nach Bergsteigern in den senkrecht bis überhängenden Wänden. Als ich endlich Menschen in der Höhe entdecke, realisiere ich erneut, wie gross diese Felswände eigentlich sind. Angesichts dieser Naturgewalt ist der Renn-Trubel um mich herum fast schon wieder vergessen.

Als wir uns schliesslich etwas vom Weg wegbewegen, bekommen ich nicht nur eine umfassenderes Bild der Felsriesen vor uns. Die Menschen auf dem Wanderweg werden zu kleinen Punkten, Stille kehrt ein. Einzig die Kapelle vor dem Zinnen-Massiv erinnert an Menschenhand. Ich fühl mich wieder mitten in der Natur. Alles eine Frage des Standpunktes.

Das Rennen verläuft sich, es wird ruhiger und wir kommen am Rifugio di Lavaredo vorbei. Das Zinnenmassiv zeigt sich uns nun von seiner Seite. Wir stehen gefühlt direkt neben den imposanten Feldwänden. Was auf der Südseite bisher nach einem länglichen Bergmassiv mit vielen Spitzen aussah, wirkt nun wie ein einziger schmaler Turm.

Erst als sich schliesslich die Nordwände vor uns auftun, kann ich die kleine, grosse und westliche Zinne, wie schon so oft gesehen, identifizieren. Mich fasziniert, wie unterschiedlich das Massiv je nach Perspektive aussieht. Ganz ehrlich gesagt, hat mich die weniger bekannte Hinterseite nicht minder begeistert. Vielleicht gerade, weil ich sie nicht so „anders“ erwartet habe, sie mich sogar leicht irritiert hat. Sie ist die Überraschung, an einem Ort, den ich zu kennen glaubte, bevor ich da war. Aber wie gesagt, alles eine Frage der Perspektive.

Dolomiten_Tre Cime_Blumen

Dolomiten_Tre Cime_Seitenansicht

 

Vom Wunsch, Orte für sich allein zu haben

Während der Umrundung denke ich darüber nach, dass es sich trotz der Massen lohnt, an weltberühmte Orte wie diesen zu kommen. Unbestritten gibt es nichts Schöneres, als einen speziellen Platz für sich zu haben und sich, frei von Ablenkung durch andere Menschen, mit der Natur verbunden zu fühlen. Wann immer man solche Möglichkeiten findet, sollte man sie beim Schopf packen.

Wenn man andererseits auf Reisen den Massen immer aus dem Weg geht, verpasst man so einige Naturspektakel und -wunder. Trotz touristischem Ansturm würde ich jederzeit nochmals hierherkommen. Einfach, weil diese Zinnen was Magisches ausstrahlen. Sogar von der wenig bekannten Hinterseite. Kein Wunder bin ich nicht die Einzige, die in diesen Genuss kommen will.

Und ich ertappe mich selber dabei, wie ich mir mit meiner Einstellung das Erlebnis fast vermiest habe. Als ich mich auf den übervollen Parkplatz und die vielen Menschen konzentriert habe, hatte ich für einen Moment das Erlebnis hier bereits mental abgestempelt. Als ich jedoch den Fokus von den mich störenden Elementen weg und zu der mich faszinierenden Natur hin lenkte, fing der Genuss an. Erstaunlich, wie man mit der richtigen Haltung Ungewünschtes ausblenden und sich auf das Schöne fokussieren kann. Selbst während eines wortwörtlichen Massenauflaufes. Alles eine Frage der Einstellung. Nicht nur mit der Kamera. Sondern vor allem im Kopf.

Dolomiten_Tre Cime_Rückweg

Dolomiten_Tre Cime_Umgebung

 

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